Herr Dr. Thielen, sind Biokunststoffe ein echter Fortschritt oder nur ein kleiner Schritt in Richtung Nachhaltigkeit?
Ich denke, Biokunststoffe sind schon ein großer Schritt, denn Kunststoffe aus Öl, Gas oder Kohle herzustellen, ist einfach der falsche Weg. Diese fossil-basierten Kunststoffe verbrauchen Ressourcen und erzeugen, wenn sie nicht oder nicht mehr recycelt werden können Treibhausgas. Alle biobasierten Kunststoffe sind grundsätzlich recyclebar. Ein Problem ergibt sich erst aus der Sortierung und dann zustande kommenden Mindestmengen für ein wirtschaftliches Recycling. Das ist bei bio-PE und bio-PET kein Problem. Grundsätzlich gilt aber, dass Kunststoffe aus nachwachsenden Rohstoffen in der Müllverbrennung eine Art „erneuerbarer Energie“ darstellen. Sie können ja nicht mehr CO2 in die Atmosphäre entlassen als die Pflanzen, aus denen sie hergestellt sind, zuvor aus der Atmosphäre entnommen haben. Das ist wichtig, wenn aus welchen Gründen auch immer, kein Recycling möglich ist. So kriegen wir zumindest die „geliehene Sonnenenergie“ zurück
Wie können Hersteller verhindern, dass Biokunststoffe als Greenwashing wahrgenommen werden?
Es ist wichtig IMMER die Wahrheit zu sagen und/oder auf die Produkte zu schreiben. Während Spülmittel in der TV-Werbung ganz offensichtlich „schummelt“ können wir uns so etwas nicht erlauben. Im Idealfall lässt sich der Kunststoffhersteller sich den biobasierten oder recycelten Anteil von unabhängigen Instituten zertifizieren. Es ist auch nicht hilfreich auf die Verpackung zu schreiben 100% recyclebar… wenn am Ende nicht tatsächlich recycelt wird.
Welche technologischen Herausforderungen gibt es bei der Verarbeitung von Biokunststoffen für Spielwaren?
Es gibt eigentlich keine besonderen Herausforderungen. Die so genannten „Drop-In“ Biokunststoffe, wie bio-PE (aus Zuckerrohr), bio-PET (zu 30% aus Zuckerrohr) oder ähnliche sind chemisch identisch zu den fossilen Varianten und lassen sich genauso wie diese verarbeiten und recyclen. Das gilt auch für alle „Mass-Balance“ Biokunststoffe, wie ISCC zertifiziertes ABS etc.
Sind Verbraucher bereit, für nachhaltiges Spielzeug mehr zu zahlen – oder bleibt Preis der entscheidende Faktor?
Die Kosten für nachhaltigere Kunststoffe werden sinken, sobald größere Produktionskapazitäten gebaut zur Verfügung stehen, die auch weltweit tatsächlich gerade aufgebaut werden. Wir wissen aber auch aus vielen Gesprächen, dass viele Verbraucher, insbesondere wenn sie sich das leisten können, auch bereit sind etwas höhere Preise zu bezahlen. Das gilt besonders, wenn es um die Kinder und deren Zukunft geht. Es braucht (und es gibt) Pioniere auf beiden Seiten, bei den Anbietern und bei den Verbrauchern.
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