Parallel wächst der Druck von außen. Rund 12 Millionen Pakete erreichen laut EU-Kommission täglich den europäischen Binnenmarkt, davon 400.000 allein Deutschland – über 90 Prozent aus China. Das größte Schlupfloch bleibt die Zollfreigrenze von 150 Euro. Alles darunter bleibt zollfrei – und wird selten kontrolliert. Für Behörden ist das kaum zu stemmen. Ein Blick in die USA zeigt, was passieren kann, wenn der Gesetzgeber eingreift. Dort wurde die sogenannte de-minimis-Ausnahme, eine Zollfreiheit für Sendungen bis 800 US-Dollar, am 29. August 2025 aufgehoben. Seitdem müssen auch Kleinsendungen verzollt werden. Laut einer Reuters-Analyse sank die Zahl der täglichen Temu-Nutzer in den USA daraufhin um fast die Hälfte. Temu reagierte mit neuen Logistiklagern in Mexiko und den USA, um Kosten zu umgehen – und verschiebt seine Marketing- und Wachstumsschwerpunkte zunehmend nach Europa.
Handel fordert Fairness
Der Digital Services Act (DSA) verpflichtet große Plattformen wie Temu zu Transparenz, Produktsicherheit und Risikobewertung. Während gegen AliExpress bereits ein Verfahren läuft, befindet sich Temu noch in der Prüfphase. Parallel bringt die neue EU-Spielzeugverordnung strengere Nachweispflichten, einen digitalen Produktpass und das Verbot gefährlicher Chemikalien wie PFAS. Auf dem Papier ist das ein Fortschritt, in der Praxis bleibt die Durchsetzung schwierig. Nationale Marktaufsichten klagen über Personalmangel, fehlende digitale Werkzeuge und eingeschränkte Zugriffsrechte.
In Deutschland legte die Bundesregierung Anfang 2025 einen Aktionsplan zur Marktüberwachung vor – mit Investitionen in Kontrollsysteme und mehr Zollpersonal. Doch zwischen Anspruch und Umsetzung klafft eine Lücke, und genau diese nutzt Temu. Der Handelsverband Deutschland (HDE) fordert daher rasches Handeln. In seinem 10-Punkte-Papier verlangt er faire Wettbewerbsbedingungen, die Abschaffung der Zollfreigrenze und gleiche Pflichten für alle Anbieter – egal ob aus Duisburg oder Dongguan. Laut einer Bitkom-Umfrage sehen 92 Prozent der Onlinehändler systematische Rechtsverstöße durch Plattformen wie Temu oder Shein. 78 Prozent plädieren sogar für ein befristetes Verkaufsverbot, bis gleiche Regeln gelten. Während Temu mit PR-Offensiven – etwa dem Beitritt zur International Trademark Association (INTA) – versucht, Seriosität zu zeigen, bleiben Zweifel groß. Im Handel wächst die Sorge, dass Billigimporte Margen und Vertrauen zugleich untergraben. Für die Spielwarenbranche gilt: Nur wer Sicherheit, Qualität und Nachhaltigkeit klar kommuniziert, bleibt konkurrenzfähig. Temus Erfolgsmodell – billig, schnell, grenzenlos – stößt an seine Grenzen. Und während Behörden noch prüfen, rollen die Pakete weiter – Tag für Tag, Million für Million.
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